Walldürn. Die von der Walldürner Stadtverwaltung und vom Gemeinderat forcierte Ausweisung von Bauland am westlichen Stadtrand ist vorerst vom Tisch. Wegen „aktuell entgegenstehender raumordnerischer Belange“ wird das Areal „Vorderer Wasen II“ im Zuge der Änderung des Flächennutzungsplans 2030 nicht weiterverfolgt. In der Sitzung der Verbandsversammlung des Gemeindeverwaltungsverbands (GVV) Hardheim-Walldürn am Mittwoch in der Hardheimer Erftalhalle sollen die Mitglieder des Gremiums die überarbeiteten Pläne billigen und aufgrund einer Vielzahl an Änderungen die erneute Offenlage beschließen.
„Wir begrüßen diese Entwicklung ausdrücklich“, betonen Martin Kuhnt, Sprecher der „Bürgerinitiative Walldürn – für Mensch und Natur“, und Bernhard Spreitzenbarth, Vorstandsmitglied des Biotopschutzbunds Walldürn. „Angesichts der großen ökologischen Bedeutung der Fläche und ihrer Erholungsfunktion für die Bewohner ist dieser Schritt überfällig.“
Wie der GVV die Herausnahme des „Vorderen Wasen II“ aus der Planung begründet, sorgt bei den Aktiven der Bürgerinitiative und des Biotopschutzbunds für Erstaunen. „Dass raumordnerische Belange einer Ausweisung als Baugebiet entgegenstehen, hätte man von vorne herein wissen können, wenn nicht gar müssen“, sagt Kuhnt. Schließlich sei die Fläche im Einheitlichen Regionalplan der Region Rhein-Neckar als Vorbehaltsgebiet für die Landwirtschaft und als Bestandteil eines regionalen Grünzugs sowie als Kernfläche des landesweiten Biotopverbunds mit erheblichen planerischen Beschränkungen belegt.
„Wir sehen uns in unserer Argumentation in nahezu allen Punkten bestätigt“, freut sich Kuhnt über die Klarheit der von den Fachbehörden getroffenen Aussagen. Dies gelte insbesondere für die vom Regierungspräsidium Karlsruhe als deutlich zu hoch kritisierte Berechnung des Wohnflächenbedarfs der Stadt Walldürn und für die Einstufung des „Vorderen Wasen II“ als „naturschutzfachlich hochwertige Fläche“ durch die Untere Naturschutzbehörde (UNB).
Konkret verweist die UNB in ihrer Stellungnahme auf den besonderen Schutzstatus von Streuobst- und mageren Flachlandmähwiesen. Zudem sei davon auszugehen, dass der „Vordere Wasen II“ ein wichtiger Lebensraum und Nahrungsgebiet für besonders und streng geschützte Arten ist.
„Wenn überhaupt, kann sich die Gesamtproblematik nur über ein sehr ambitioniertes, hochwertiges Kompensationskonzept mit einem umfassenden Maßnahmenpaket einschließlich der Berücksichtigung der Anliegen des Artenschutzes, der FFH-Lebensraumtypen, des Streuobstwiesenschutzes und mit einer Sicherung der restlichen Offenlandfläche möglichst als geschützter Landschaftsbestandteil bewältigen lassen“, so die Einschätzung der UNB.
Allesamt Hürden, sie sich nach Ansicht von Martin Kuhnt und Bernhard Spreitzenbarth auch dann nicht überwinden lassen, wenn die Regionalplaner die bestehenden Beschränkungen für die Fläche „Vorderer Wasen II“ aufheben würden. Wachsam wollen sie aber auch in Zukunft bleiben und eine Aufnahme der Fläche in den Einheitlichen Regionalplan möglichst ganz abwenden.
Unterstützung erhalten sie dabei vom Landesnaturschutzverband (LNV) Baden-Württemberg und vom Naturschutzbund (NABU) Baden-Württemberg. „Es kann nicht sein, dass in jahrelanger Arbeit ein Regionalplan mit Freiraumsicherung aufgestellt wird, nur um diese Freiräume ohne ausreichend schwerwiegende Gründe wieder zu streichen“, kritisiert der NABU-Bezirksverband Rhein-Neckar-Odenwald in seiner Stellungnahme. „Der NABU wird sich dafür einsetzen, dass das Gebiet ,Vorderer Wasen‘ nicht noch durch die Hintertür in den neuen Regionalplan aufgenommen wird.“
Neben verschiedenen Fachbehörden und weiteren Institutionen hatten sich auch die Bürgerinitiative und der Biotopschutzbund kritisch mit dem Planungsentwurf auseinandergesetzt. Mehr als 1200 Bürger unterstützten diese Stellungnahme im Rahmen der Offenlage im vergangenen Jahr mit ihrer Unterschrift. Zwölf Bürger reichten eigene Stellungnahmen ein, in denen sie den „Vorderen Wasen II“ als Wohnbaufläche ablehnen.